Montag, 19. Oktober 2015

36: KommunikationsWAS?

So, der Sprachbeschreiber meldet sich doch tatsächlich zurück - nach mehreren Monaten Pause. Nun, was soll ich sagen - es war einiges los, und die Inspiration fehlte. Immerhin habe ich die übrige Zeit gut genutzt, habe zum Neubeginn eine Sprachbeschreiber-Facebookseite erstellt und mir meinen Bachelor in Angewandter Sprache besorgt. Da ich nun also ausgebildet bin, steigt die Qualität meines Blogs logischerweise sofort enorm an. Und die übermässig verschuldeten USA werden morgen für kreditunwürdig erklärt. Spass beiseite - wie es mit dem Sprachbeschreiber weiter geht, wird allein die Zeit zeigen können. Wie bereits im Februar erwähnt ist es mit der Regelmässigkeit definitiv vorbei; ich poste, wenn etwas zustande gekommen ist. Eine Pause von 7 Monaten soll aber für's erste jedenfalls nicht wieder vorkommen.

Dieser Post hier berichtet von der ersten Tätigkeit, die ich mir mit meinem Bachelor ergattern konnte: Ein Praktikum bei der Help Media AG, Onlinedienstleisterin und Betreiberin des Unternehmens-Suchportals help.ch. Meine Rolle dort: Kommunikationsverantwortlicher. Was heisst das? Und was ist daran interessant?


Ich habe mit Help Media einen Deal ausgemacht, der beide Seiten begünstigen soll. Zu rund 50% erledige ich wenig anspruchsvolle Büroarbeiten, um das Team zu entlasten; ich suche etwa nach den Gründen für den fehlgeschlagenen Versand von Mails, lade die neuesten Aktionen von Coop, Denner & Co. auf die von Help verwalteten Portale hoch oder erfasse Firmen für die Suchmaschine. Der Einblick in die bunte Schweizer KMU-Landschaft kann durchaus witzig sein: Da gibt es Webseiten für Burmakatzen, schräge Kräuterweibchen, die dubiose Waldseminare anbieten, Bastelateliers von gelangweilten Hausfrauen, zahllose Galerien, meist im Besitz wohlhabender Westschweizer... Und immer wieder mal ein unsägliches Wortspiel:

Nervig sind die ganzen Innerschweizer Kapellen und Jodelvereine, die keine Mailadresse haben und so nicht schnell und einfach mit unseren Marketingangeboten belästigt werden können. Und selbst wenn jemand eine Mailadresse hat, ist diese immer wieder gut versteckt; viele Web"master" scheinen noch nie etwas von "Usability" gehört zu haben. Auf's Einrichten kreativer Schutzmassnahmen gegen Bots scheinen sie sich aber teilweise hervorragend zu verstehen:

Ich hätte grosse Lust, mal die obere Option anzuwählen. Ein Verein aus Granges ist offenbar aller Sicherheitsvorkehrungen zum Trotz Opfer eines üblen Hackerangriffs geworden:


Andere haben originelle Teamseiten:


Man kommt bisweilen auf die fiese Idee, einen Bekannten bzw. seine Kontaktdaten in Sparten wie "Showkünstler", "Pizza-Lieferdienst" oder "Beratung" einzutragen. Wie es scheint, bekommt jetzt zudem das Lach-Yoga einen Gegenpol:


Das waren die Aufgaben, die unter "Pflicht" fallen. Viel lieber erledige ich natürlich die anderen 50%, die "Kür": Die Kommunikationsaufgaben. Dabei blühe ich auf, und dort kann ich meine an der Hochschule erworbene Kompetenz zum Einsatz bringen und dazulernen. Grundsätzlich heisst das, dass ich Ansprechperson für Mitarbeiter und Kunden für sprachlich/kommunikative Fragen bin. In meiner Rolle lese ich etwa jeden Morgen Pressemitteilungen von Unternehmen durch und veröffentliche diese auf den Newsportalen swiss-press und aktuellenews. Davor müssen die Meldungen oft überarbeitet werden. Zu direkte Werbung und Links zu Angeboten werden etwa nur gegen Bezahlung veröffentlicht. Oft ist die Meldung zudem enorm subjektiv geschrieben und bedarf einer Editierung in Richtung objektiver Berichterstattung. Wenn die Sunrise AG schreibt, ihre Entlassungen seien allesamt absolut behutsam und fair durchgeführt worden, oder wenn die Clariant grossspurig von den geplanten Nachhaltigkeitsmassnahmen berichtet, dann schreibe ich das im Konjunktiv und nicht wie einen Tatsachenbericht. Besonders gefallen hat mir folgende Bemerkung am Ende einer Meldung:

"Aufgrund ihrer Art beinhalten Aussagen über künftige Entwicklungen allgemeine und spezifische
Risiken und Ungewissheiten. Es ist in diesem Zusammenhang auf das Risiko hinzuweisen, dass Vorhersagen, Prognosen, Projektionen und Ergebnisse, die in zukunftsgerichteten Aussagen beschrieben oder impliziert sind, nicht eintreffen."

Der Hammer. Ist der Verfasser ein bisschen blöd, hält er seine Leserschaft für blöd, hat er einfach Angst davor, von skrupellosen Journalisten festgenagelt zu werden, oder ist er einfach ein Spassvogel? "Aufgrund ihrer Art...", also "Weil sie nun mal so sind..." Und dann noch "allgemeine UND spezifische"! Die Sinn pro Wort-Rate liegt hier eindrücklich tief. Insgesamt wäre der Disclaimer eher etwas für die Website von Mike Shiva.

Es ist zudem meine Aufgabe, neben den fremden Firmennews täglich einen Artikel "in eigener Sache" oder eine Pressemitteilung von unserem Unternehmen zu schreiben, was für Aufmerksamkeit sorgen und Leute auf help.ch locken soll. Die eine Variante besteht darin, zu einem potentiell interessanten Thema zu recherchieren und einen eigenen Text zu schreiben. Die andere Variante ist das Übersetzen eines Blogeintrags oder ähnlicher Texte - natürlich mit eindeutigem Verweis auf den Originaltext. Die Texte landen neben den Firmennews auf swiss-press und aktuellenews und finden sich jeweils in der Übersicht auf www.helpnews.ch und der Help-Facebookseite. Ich sehe mir regelmässig in den Statistiken an, wie gut sich die Texte schlagen, und versuche mich bei der Planung neuer Texte nach den aktuell erfolgreichen Themen zu richten - bisher hat sich mein Publikum aber nicht als leicht durchschaubar erwiesen und ähnliche Texte sehr unterschiedlich oft angeklickt. Gelegentlich habe ich als Kommunikationschef auch Kundenkontakt; ich beantworte Mailanfragen und verhandle mit Bittstellern.

Der Job verlangt zahlreiche Sprachfähigkeiten. Zum einen wäre da die Mehrsprachigkeit: Einerseits übersetze ich Texte, die immer wieder aus Fachgebieten stammen, was ja schon eine Kunst für sich ist. Andererseits sind die Firmenwebsites oft auf Französisch und manchmal auch Englisch gehalten. Oder aus unerfindlichen Gründen noch etwas exotischer:


Bei der Sprache hat man auch schon mal nur den Schein einer Wahl bzw. einen Wahlschein (Zitat Das Känguru):


Aber nicht nur Fremdsprachen muss ich als Kommunikationsverantwortlicher bei Help Media im Griff haben. Beim Schreiben von Texten und Mails und dem Veröffentlichen von Pressemeldungen muss ich nicht nur PC-Kenntnisse anwenden und grammatisch und rhetorisch auf der Höhe sein, sondern auch die Regeln der Textsorten kennen, Quellen berücksichtigen und sowohl die Wünsche des Auftraggebers als auch das Zielpublikum stets im Blick haben, mich laufend anpassen und auf meinen genauen Wortlaut achten. Und all das macht mir Spass. =)

Soweit der grobe Überblick über meine bisher praxisnäheste Erfahrung als Kommunikationsspezialist. Dann wünscht mir mal noch alles Gute beim Erhöhen der Klickzahlen auf help.ch bis im Februar. Da studiere ich dann weiter - der Master in angewandter Linguistik wartet! Aus dem Help-Büro in Freienbach SZ am Zürisee grüsst herzlich

-Der Sprachbeschreiber

2 Kommentare:

  1. Nur eine kleine Anmerkungen zu den unerfindlichen Gründen der exotischen Textschnipsel:

    Im gezeigten Beispiel handelt es sich um das "Lorem Ipsum", dem wohl am häufigsten verwendeten Blindtext - sogar einen eigenen Wikipedia-Seite. Es handelt sich dabei einzig und allein um einen Platzfüller und wird gebraucht um Layouts zu testen. Allerdings, sollte diese Texte nur in einer Produktionsphase verwendet werden.

    Beim gezeigten Beispiel wurde vergessen, dass man diese Beispieltest besser wieder entfernen sollte.

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  2. Vielen Dank für die Erklärung! Ich meine den Text mittlerweile auch auf weiteren Websites gesehen zu haben, da konnte man schon etwas in diese Richtung vermuten... Spannend!

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