Montag, 15. September 2014

26: Mein linguistisches Ferienalbum 2014, Teil 1

So liebe Leute, da simma wieder! Ich präsentiere Ihnen zum Wiedereinstieg einen Bericht über die sprachlichen Kuriositäten, die sich bei mir und meinen LeserInnen während der Ferienzeit angesammelt haben. Nein, das war für mich keine mühsame, mit Ferien nicht vereinbare Arbeit. Ich kann's nun mal einfach grundsätzlich zu so gut wie keinem Zeitpunkt lassen, Sprache unter die Lupe zu nehmen - dies verstehe, wer will. Ich denke auch nicht, dass Sie sich als LeserIn meines Blogs von diesem Umstand gestört fühlen. Freuen wir uns daran, dass diese Charakterausprägung meinerseits dank dieses Blogs als "mutually beneficial" gelten darf. Und nun geht's los mit dem ersten Teil der Ferienentdeckungen.

Zunächst ein Ferienklassiker: Die mässig übersetzte Speisekarte. Die folgenden Beispiele hat ein befreundetes Paar in Italien vorgefunden:


Links oben: Der durch die Übersetzung entstandene Satz ist eine Definition, der es meines Wissens an Korrektheit mangelt. Die Übersetzung ist allerdings treu erfolgt; sie entspricht inhaltlich dem italienischen Ausgangs"text", in dem ein Fehler enthalten ist: "è" bedeutet tatsächlich "ist". Die richtige Schreibweise wäre ein "e" ohne Akzent.
Rechts oben: Wie es zu diesem Fehler kommen konnte, ist mir mehr als schleierhaft. Kein italienisches Wort, das meinen Recherchen zufolge mit "Verhältnisse" äquivalent sein kann, weist auch nur im entferntesten Verwechslungspotential mit "Linguine" auf. Wenn jemand eine Idee hat, der oder die sich im Italienischen besser auskennt, so melde er/sie sich bei mir.
Unten: Nun, hier kann ich eigentlich nicht böse sein... Es ist mehr als klar, was Sache ist, nicht wahr? Ein wenig Bemühung um Eineindeutigkeit ist in Massen nicht zu verachten.

Solche Redundanz ist auch mir selbst begegnet. Ich bin oft mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs, und das war auch in diesen Ferien immer wieder der Fall. Einmal fiel mir auf, dass die Schweizer Bundesbahnen (Plural! Also, liebe Frau Zug-Ansagerin: Korrekterweise müssten Sie sagen: "Die SBB begrüssEN Sie im Intercity... blablabla") einen linguistisch interessanten Hinweis in ihren Familienwägen angebracht haben:


Die Familie mit Kindern ist also genau so selten wie der runde Kreis, der weisse Schimmel und die tote Leiche. Im Idealfall verwenden die SBB hier bewusst einen Pleonasmus als rhetorisches Mittel, um unmissverständlich klar zu machen, für wen diese Abteile gedacht sind. Das geht eigentlich in Ordnung. 

Auch sonst hatte der ÖV diesen Sommer immer wieder mal sprachliche Glanzleistungen vorzuweisen, zum Beispiel, wenn's ums Englische ging:


Links: Ich habe lange überlegt, bin aber nicht darauf gekommen, was inlingua dazu bewegen konnte, kleinen Gruppen Kurse im schnellen Vorspulen anzubieten.
Rechts: IWB Basel Marathon - Immer auf der Flucht! Dieser coole Spruch punches me so right out of the socks.

Zum Abschluss des ersten Teils möchte ich noch eins dieser ach so tollen Komplimentplakate auseinander nehmen, mit denen der Schweizer Sommer eingeläutet worden war:


Also *räusper*. Liebe Maike: Zunächst einmal, finden Sie es nicht etwas absonderlich, jemandem für seine Schönheit zu danken? Was kann denn der angebliche Adonis mit Namen Paul für sein angeborenes Aussehen bzw. seine anturnende Art, von der Sie anscheinend aussergewöhnlich ausschweifendes Angetansein anzeigen? Da könnte man meiner Meinung nach geradesogut konsequenterweise zu einer unansehnlichen Person gehen und sagen: "Was fällt Ihnen eigentlich ein, so hässlich durch die Welt zu laufen?".

Dann das Wie-Wörtchen "grenzenlos", das die Schönheit modifiziert. Ja, man versteht, was Sie meinen. Aber ich kann mir "grenzenlose" Schönheit beim besten Willen nicht vorstellen. Wie könnte das aussehen... Ist das Schönheit, die niemals aufhört? Warten Sie noch ein paar Jahre.

Die letzte Frage, die mich quälte: Seit wann ist es ein Kompliment, jemanden als "Leben" zu bezeichnen? Oder Moment mal... Habe ich da nicht letztens nicht beim Passieren einer Jungsclique ein Mitglied "Alte, du bisch eifach s geilschte Läbe wo s git!" sagen hören..? Hmmm... Nein. Nein, habe ich nicht. Tut mir leid.

Aber machen Sie sich nichts draus, liebe Maike. Ich mache hier nur meinen Job als Sprachbeschreiber. Sie sind in Ihrer ungeschickten Art beim Produzieren von bildhafter Sprache bei Weitem nicht allein in der Gesellschaft. Und diese Art stört mich eigentlich auch nicht besonders - ich finde es nur faszinierend, den linguistischen Dynamiken auf den Grund zu gehen. Logisch betrachtet mag das zwar ein ziemlicher Stuss sein, den sie da raus gelassen haben. Aber darob geht die gute Absicht nicht verloren - ich bin sicher, der gute Paul wird sich gefreut haben. Und was will man noch mehr? So, der Sprachperfektionist hat gesprochen.

Das muss dann auch für dieses Mal reichen. In zwei Wochen werde ich einen weiteren Teil zusammengebastelt haben. See you then.

-Der Sprachbeschreiber

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