Montag, 16. Dezember 2013

1: Zum Anfang

Wussten Sie schon das Neuste? Es ist Weihnachtszeit! Überall weihnachtet es, schon so lang und schon so krass, dass es dafür ein eigenes Verb gibt! Überall Weihnachtsspecials und Weihnachtsaktionen, Weihnachtsmänner, Weihnachtsgutzi und Weihnachtstoilettenpapier! Und wussten Sie schon das Allerneuste?
*Abrupter Abbruch von Engelsgesang und Rentierglöckchengebimmel*
Der Sprachbeschreiber MACHT DA NICHT MIT. 1
Würde ich mich zu einem Weihnachtsspecial zwingen... Oh weh, ich würde mich fühlen wie die bedauernswerte Kreatur mit Migrationshintergrund aus folgendem Ruthe-Cartoon.
1= Ich habe grundsätzlich nichts gegen Weihnachten, im Gegenteil. Oder, sagen wir, fast nichts, wenn ich mir so anschaue, was daraus geworden ist...
Kurzum: Nein zu erzwungener Weihnachtsstimmung. Im Internet boomt schon seit einiger Zeit die Weitergabe von unnützem Wissen, und diesem Trend schliesse ich mich im Zuge des Versuchs an, einen locker-leichten Einstieg in die Beschäftigung mit der Sprachrealität zu gewährleisten. Doch ganz so unnütz sind die Infos vielleicht nicht einmal. Urteilen Sie selbst, als geneigter Betrachter. Oder als aufrechter. Oder als was auch immer. Feel free.

-Der im Französischen verwendete accent circonflexe (^) steht in den meisten Fällen für ein altfranzösisches S, das nicht mehr geschrieben wird. Ein Esel war zum Beispiel auf Lateinisch ein "asinus", auf Altfranzösisch ein "asne", und jetzt ist daraus der "âne" geworden.

-Während die Franzosen Buchstaben entfernten, fügten die Engländer gern mal welche hinzu: Um an die lateinischen Wurzeln ihres Wortschatzes zu erinnern, erzwangen Akademiker beispielsweise die Wiederaufnahme des B in das Wort für "Schuld". So wurde aus "dette" dann "debt". Das wieder eingeführte B brauchte aber keiner auszusprechen - man sollte einfach nicht vergessen, dass am Anfang der ganzen Geschichte das Wort "debitum" gestanden hatte. Na toll. Deswegen sagte einst Kurt Tucholsky: "Das Englische ist eine einfache, aber schwere Sprache. Es besteht aus lauter Fremdwörtern, die falsch ausgesprochen werden." Vielen Dank auch, liebe Akademiker. Mehr über die Dinge, die dem Englischen angetan wurden, kann man hier nachlesen.

-Apropos angelsächsischer Sprachraum: In den USA wird ein Englisch gesprochen, das dem ursprünglichen British English deutlich näher kommt als das, was wir heute auf der Insel zu hören bekommen. Der heutige British Accent entstand nämlich erst später, sehr wahrscheinlich als Statussymbol in hohen englischen Gesellschaftsschichten.

-Das menschliche Gehirn unterstellt allem, was in Kommunikationssituationen geäussert wird, Relevanz. Wenn der Dozent einer Geschichtsvorlesung inmitten seines Vortrags den Satz "Kartoffeln können aller Wahrscheinlichkeit nach nicht fliegen" einstreut, so ignorieren die Gehirne der Studenten den Satz nicht - was sie aber wegen der offenkundigen Zusammenhangslosigkeit ganz eindeutig sollten - sondern die Lernenden runzeln die Stirn und fragen einander, was denn der tiefere Sinn dieser Aussage sei.

-Der Dichter und Schriftsteller Philipp von Zesen versuchte im 17. Jahrhundert in einem Anfall von Sprachpurismus, deutsche Ersatzwörter für Fremdwörter einzuführen. Zu seinen Erfolgen zählen etwa die Alternativen "Ableitung" zu "Derivation", "Ausflug" zu "Exkursion", "Rechtschreibung" zu "Orthographie" oder "Leidenschaft" zu "Passion". Dann gibt es da aber auch noch weniger erfolgreiche Vorschläge, wie etwa "Blitzfeuerregung" für "Elektrizität", "Dörrleiche" für "Mumie", "Meuchelpuffer" für "Pistole" - oder "Krautbeschreiber" für "Botaniker".

Und ja, wie der letzte Vorschlag die findigen Füchsinnen und Füchse unter meinen Lesern vermuten lässt, ist mein Bloggername gewissermassen eine Hommage an dieses Unterfangen. Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt mit Sicherheit auf den guten Herrn von Zesen zurückkommen.

Und schon weiss man wieder ein bisschen mehr. Ganz ohne Kunstschnee, rot-weisse Zipfelmützen und die mich jedes Jahr von neuem verzückenden 2 Klänge von "Last Christmas" im Hintergrund.

-Der Sprachbeschreiber

2= Ironie, die. Feiner, verdeckter Spott, mit dem jemand etwas dadurch zu treffen sucht, dass er es unter dem augenfälligen Schein der eigenen Billigung lächerlich macht (duden.de).

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